Wer war Friedrich Schubring?


 

Schubring, Johann Friedrich

 

*  21. 02. 1834 in Dessau als Sohn des Pfarrers und Konsistorialrats Julius Schubring und seiner Frau Anna Elisabeth, geb. Valentin; 

† 08. 06. 1869 in Godesberg. Pfarrer in Godesberg von 1862 bis 1869.

 

In der Mitte des 19. Jahrhunderts, als man in Godesberg, Plittersdorf, Rüngsdorf, Friesdorf, Lannesdorf, Mehlem und Muffendorf etwa 80 evangelische Christen zählte, entstand der Wunsch nach einem regelmäßigen evangelischen Gottesdienst in Godesberg und nach der Berufung eines eigenen Geistlichen. Bisher hatten die wenigen evangelischen Familien, die in Godesberg und Umgebung lebten, zur 1816 gegründeten unierten Gemeinde Bonn gehört; die Gottesdienststätte war die Bonner Schlosskirche. Nun war für Godesberg zunächst an die Bildung einer Bonner Filialgemeinde gedacht, dann aber setzte sich der Gedanke einer selbständigen Godesberger Gemeinde durch.

 

Als Pfarrweser der in Bildung begriffenen Gemeinde wurde 1859 Johann Friedrich Schubring ernannt. Friedrich Schubring war nach seinem Studium in Berlin und Erlangen seit 1855 auf Haus Schönsitz bei Königswinter Hauslehrer gewesen. Der lutherische Theologe stammte aber aus Dessau und musste nun zunächst die preußische Staatsbürgerschaft erwerben, um in der preußischen Rheinprovinz in den kirchlichen Dienst treten zu können; am 12. April 1860 wurde er ordiniert. Einen Gottesdienstraum stellte der von Hugenotten abstammende Freiherr Ludwig Maximilian von Rigal-Grunland mit einem auf seinem Grund und Boden errichteten und  1858 eingeweihten Kirchlein (Rigal´ sche Kapelle) zur Verfügung (notarielle Urkunde vom 17. Oktober 1860). 

 

Im Frühjahr des folgenden Jahres (Errichtungsurkunde vom 31. Mai/15. Juni 1861) kam es zur Gründung der selbständigen unierten Kirchengemeinde Godesberg. Am 9. April 1862 wurde der bisherige Pfarrverweser Schubring einstimmig zum ordentlichen Pfarrer der Gemeinde gewählt und am 22. Juni 1862 in sein Amt eingeführt. Schon 1859 hatten sich die evangelischen Bewohner der Bürgermeisterei Godesberg auch für die Einrichtung einer evangelischen Schule am Orte eingesetzt. Es war mit manchen Schwierigkeiten zu kämpfen; 1864 aber erreichte Schubring, dass ihm die Konzession zur Errichtung und Leitung einer die Elementarfächer umfassenden evangelischen Privatschule erteilt wurde; am 16. Mai 1864 konnte er das neu erbaute Schulhaus einweihen. 

 

Am 26.02.1865 schloss Schubring die Ehe mit Anna Wilhelmine Julie Diesterweg (1843-1917). Der Ehe waren zwei Kinder geschenkt: die Tochter Anna Bertha und der Sohn Paul Wilhelm Julius. Martin Kähler, der 1864 bis 1867 in Bonn Extraordinarius war und später als einflussreicher und verehrter Hochschullehrer in Halle wirkte, wurde Pauls Patenonkel. Friedrich Schubring waren nur noch wenige Jahre des Lebens und Arbeitens geschenkt. Er starb bereits im Alter von nur 35 Jahren an einer Blutvergiftung.  

 

Für Schubring, „unseren herrlichen Pastor“, waren die wenigen Godesberger Jahre eine Zeit der „ersten Liebe des jungen Seelsorgers zu seiner Gemeinde“. Der Pfarrer konnte sich in der kleinen Gemeinde um jeden Einzelnen kümmern. Besonders am Herzen lagen ihm Unterrichtung und Erziehung der wenigen Kinder der Gemeinde. „Er rang um unsere Seelen“. Er predigte „ernst, tief, gedankenreich, erwecklich“; von seinen Konfirmanden erwartete er eine mündliche oder schriftliche Wiedergabe der Sonntagspredigt. Seine Aufmerksamkeit 

galt auch der Kirchenmusik. Das evangelische Liedgut suchte er unter Rückbezug auf die Urformen der Lieder zu vermitteln. Seinen Schülern gab er entsprechende Bücher in die Hand. Wir verdanken diese Erinnerungen an Schubring seinem einstigen Schüler Wilhelm Nelle, der als Sohn eines Gartenmeisters und Presbyters in Godesberg aufgewachsen war.

 

Den jungen Wilhelm Nelle führte Schubring als „gediegener Musikkenner“ an Johann Sebastian Bach heran. 1862 berief er ihn zum Organisten für den sommerlichen Nachmittagsgottesdienst in der Rigal´schen Kapelle; dann begleitete er ihn ins Studium der Theologie. Nelle war später Superintendent in Hamm/Westfalen, lehrte als Hymnologe an der Universität Münster und verfasste eine verbreitete  „Geschichte des deutschen evangelischen Kirchenliedes“ (1908).

 

Auch das familiäre Umfeld Schubrings ist von kulturgeschichtlichem Interesse. Der Vater Julius Schubring war Hauslehrer in der Familie Friedrich Schleiermachers gewesen. Er hatte

in engem Austausch mit Felix Mendelssohn Bartholdy gestanden, das Libretto zu seinem Oratorium „Paulus“ geschrieben und ihn bei der Abfassung des „Elias“ beraten. Der Briefwechsel zwischen Mendelssohn und Schubring ist von seinem Sohn  Julius, an den auch seine Topographien antiker Stätten erinnern, herausgegeben worden.  

 

Als Schubring starb, waren seine beiden Kinder sechzehn und vier Monate alt. Seine junge Witwe gründete nun 1870  - wenige Jahre nach der Errichtung einer Elementarschule in Godesberg durch ihren Mann -   in Bonn eine „höhere Töchterschule“. Väterlicherseits war Anna Schubring eine Großnichte des Pädagogen Friedrich Adolph Diesterweg, so war die Pädagogik schon lange in der Familie beheimatet. Die Nähe zur Bonner Universität, der ihr Großvater Adolf Diesterweg als Professor der Mathematik und auch als Rektor angehört hatte, nutzte sie, um nach besonders qualifizierten Lehrkräften Ausschau zu halten. Belegt sind ihre entsprechenden Kontakte zu den später berühmten Theologen Karl Budde  und Hans Lietzmann. 

 

Noch heute erinnert in Bonn die Anna-Schubring-Straße an die Gründerin eines der frühen Gymnasien der Stadt. Anna Schubrings Tochter Bertha ist wie die Mutter Lehrerein geworden. Der Sohn Paul war von Hause aus Theologe wie Vater und Großvater und ist im Umkreis der „Christlichen Welt“ hervorgetreten, hat sich dann aber vornehmlich der Kunstgeschichte zugewandt und ist in diesem Fach Hochschullehrer in Berlin, Basel und Hannover gewesen; als klassisch gilt heute sein zweibändiges Werk über Florenz (1907/1909).

 

Zurück zu Friedrich Schubring selbst. Wir stellen an den Schluss dieser knappen Erinnerung eine Notiz Martin Kählers. Er hat aus seiner Bonner Zeit autobiographisch festgehalten: „In Godesberg stand Friedrich Schubring in der Diasporagemeinde; ich kannte ihn von meiner Reise 1857 her, suchte ihn auf, und es wurden die Anfänge eines reich ergiebigen Freundesaustausches gemacht; wir waren derselben Grundrichtung und ergänzten uns in unserer Art sonst reichlich. Hier war sorgloseste Unbefangenheit in jeder Äußerung durchaus zulässig“.  

 

Das Grab Schubrings und seiner Frau befindet sich auf dem Burgfriedhof in Bad Godesberg (Bild s.u.).

 

Stephan Bitter (26. Februar 2016).